Aktuelles
Mit leichter Verspätung erscheinen nun an der Küste die ersten Admirale. Ihre schwarz-weiß-roten Flügel, die an die Admirals-Uniform der Kaiserzeit erinnert, sind oft zerzaust, denn sie kommen aus Südeuropa und haben mit dem nordwärts schreitenden Frühling schon ganz Mitteleuropa überquert. Manche fliegen bis nach Skandinavien hinauf. Aus ihren Eiern entwickelt sich an Brennesseln die nächste Faltergeneration, die an der Nordsee im August fliegt. Es ist unklar, ob ein Teil der Spätsommertiere wieder südwärts fliegt, oder ob der Falterzug eine Einbahnstraße ist.
Anfang Mai sind die Salzkäfer aus ihren Überwinterungshöhlen in der oberen Salzwiese geschlüpft, wo sie sich im Herbst eingegraben hatten. Bei windstillem Wetter haben sie fliegend die äußeren Salzwiesen erreicht und dort neue Wohngänge angelegt. Nun sieht man bei Ebbe vielerorts ihre Erdhügelchen zwischen den keimenden Quellerpflanzen. Jeder Salzkäfer legt einen 10 cm tiefen Tunnel an, den er nur bei Ebbe kurz verlässt, um Mikroalgen von der Wattoberfläche zu sammeln. Bei Flut sitzt jeder Käfer geschützt in seinem durch einen Erdpfropf verschlossenen Tunnel.
Zurück aus der Antarktis treffen die Seeschwalben nun wieder im Wattenmeer ein und eröffnen mit ihren Rufen die Sommersaison. Brand- und Zwergseeschwalbe haben an den Küsten Afrikas überwintert. Die Küstenseeschwalben haben den Südsommer über dem Antarktischen Ozean „verbummelt“. Dabei hat jede Küstenseeschwalbe über den Winter etwa 80.000 km Flugstrecke absolvier! Nun sind sie zur Brut zurück auf Inseln und Halligen und werden bald mit Fischchen als Hochzeitsgeschenk für diese Saison die Ehe schließen.
Wenn es Anfang April regnet, beginnen überall in den Salzwiesen unzählige kleine Quellerpflanzen aus ihren Samenkörnern zu keimen. Zwar kann der Queller das für Landpflanzen giftige Meersalz ertragen und in seinen Zellen einlagern. Die Keimlinge sind aber besonders empfindlich und starten lieber ins Leben, wenn Regen die Salzwiesen gespült hat. Durch ihre dickfleischigen Blättchen, die an Wüstenpflanzen erinnern, sind die Baby-Queller leicht erkennbar.
Kleine rötliche Gelatinekugeln auf dem Wattboden kündigen wieder das kommende Frühjahr an. Es sind die Eipakete des Kiemenringelwurms (Scoloplos armiger), in denen sich pro Kugel etwa 10.000 Eier befinden. Jeweils ein Weibchen und mehrere Männchen erzeugen in einer aufregenden Nacht das Eipaket. Andersfarbige Gelatinekugeln stammen vom Kotpillenwurm (braun), vom Gefleckten Blattwurm (grün) oder vom Köpfchenwurm (gelb).
Alle paar Jahre werden Pottwalbullen an der Wattenmeerküste angespült. Sie wandern im Frühwinter von der Arktis südwärts, um in subtropischen Paarungsgebieten die Weibchen aufzusuchen. Dabei stranden und verenden Einzeltiere oder Gruppen mitunter im flachen Wattenmeer. Die Tiere sind hoch mit Giftstoffen belastet und haben teiweise Müll im Magen. Tot auf hoher See driftende Exemplare sind eher ungewöhnlich. Durch Faulgase blähen sich die Kadaver auf und können schon nach 2 Tagen spektakulär explodieren (dead whale explosion / Ameland).
Guter Vorsatz für 2016: Fischkisten gucken! Sie driften Monate oder Jahre im Meer und bieten Untergrund für fest sitzende Meerestiere und Algen. Neben Moostierchen, Polypenstöcken und Seepocken sind mitunter auch Muscheln in den Kisten zu finden. Regelmäßig tritt hier die fest sitzende und flach deckelförmige Zarte Zwiebelmuschel auf. Seltener sind Kleine Kammmuschel oder gar Bohnenmuscheln zu entdecken, die sich mit ihren Byssusfäden festhalten. Fotos von ungewöhnlichen Fischkistenbewohnern sind sehr willkommen!
Im Zuge der Meereserwärmung ist eine neue Muschelart im deutschen Wattenmeer angekommen: die Zarte Pfeffermuschel. Sie ist erbsengroß, flach, gerundet dreieckig und lebt in schlickigen Wattflächen. Die aus dem niederländischen Watt schon länger bekannte Art wurde bei Spiekeroog lebend und frischtot in einigen Exemplaren gefunden.
Leuchtend rot und wunderhübsch ist eines der schmerzhaftesten Tiere der Nordseeküste: die Feuerqualle, die diesen Sommer ihrem Namen alle Ehre macht. Auffallend tief rote Exemplare werden derzeit an unsere Strände gespült. Die Tentakelfäden können die 15-fache Länge des Schirmdurchmessers erreichen und brennen überaus schmerzhaft. Die Farbe der Art variiert von weiß bis rot, aber es ist unklar, woran dies liegt. Die nahe verwandte Blaue Nesselqualle kann lila, blau, grün und sogar gelb sein!